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Lacast, der Lacan-Podcast: darauf haben Psychoanalyse-Fans gewartet, ohne es zu wissen

Podcasts statt Therapiesitzung

Manchmal ist kein Patient in meinem Behandlungszimmer und ich bin alleine. Wenn ich Zettel sortiere, die Abrechnung mache, E-Mails schreibe oder Blumen gieße. Dabei höre ich sehr gerne nichts, manchmal aber auch Podcasts. Soweit nichts Ungewöhnliches.

Heute stolperte ich, das war denke ich bei Facebook, über den Podcast „Lacast – der Lacan-Podcast„. Mir war schnell klar, dass es dabei um Jaques Lacan, den wirklich inspirierenden französischen Arzt und Psychoanalytiker (1901-1981), gehen würde, der – sagen wir mal – Sigmund Freud in der ein oder anderen Sache neu interpretierte. Ich drückte Play und schielte nebenbei schonmal ins Impressum. Da fiel mir der Taschenrechner aus der einen und die Gießkanne aus der anderen Hand: die bildundtonfabrik als Aufnahmeort und der Name Florentin Will schossen mir ins Auge, der mir aus dem Ensemble des Neo Magazin Royal bekannt ist.

Würde jetzt meine private humoristische Präferenz mit meinem professionellen Interesse für Psychoanalyse verschmelzen?

Ich begann die erste Folge zu hören, leitete das Telefon auf’s Sekretariat um und war wirklich hochgespannt. Der Erziehungswissenschaftler und Lacan-Kenner Rolf Nemitz vom Blog Lacan-entziffern und Florentin Will ergänzen sich ganz wunderbar. Im Mittelpunkt steht der anwesende, abwesende Dritte: Jaques Lacan, dessen theoretische Konstrukte gründlich ausgebreitet werden. Nemitz ist lediglich eine Art Trägersubstanz der Lacanschen Materie, der allerdings hier und da (mit penibler Markierung) seine eigene Geschmacksrichtung beimengt.  Die ersten 3 Folgen waren sehr interessant, unterhaltsam und irgendwie beruhigend und entschleunigend. Wer sich für Psychoanalyse, Sprache und (vermeintlich) anachronistisches Denken interessiert, findet hier den richtigen Podcast. Für mich eine der besten Produktionen, die ich seit langem entdeckt habe… sagen wir seit der Gründung des PsychCast Anfang 2015.

Ich habe auf diesen Podcast gewartet, ohne es zu wissen. Unbewusst.

Was wir von Lacan lernen werden, wenn wir es nur zulassen

Rolf Nemitz erklärt uns, was Lacan mit dem Imaginären, dem Symbolischen und dem Realen meint, dass das „Bewusstsein“ nur Sinn ergibt, wenn es zwangsläufig ein „Unbewusstes“ gibt, was der Signifikant ist und dass das „Begehren“, wie Lacan es meint, nie befriedigt werden kann. Das erläutert Nemitz ganz eingängig mithilfe seiner eigenen Büchersucht während Florentin Will sich seelenruhig und wieder und wieder um einen Übertrag ins Alltagsvokabular bemüht. Was ihm meistens fast, aber niemals so ganz gelingt (gelingen darf)… Der gesamte Dialog ist in seiner Ernsthaftigkeit streckenweise auch sehr witzig und durchgehend unterhaltsam.

Prädikat: highly recommended 

Hier entlang geht’s z. B. zur Folge 2 über „Das Begehren“

Hier noch ein Deutschlandfunk-Essay über Lacan als Text

Beitragsbild:  Blatterhin (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons