Fast 4 Jahre PsychCast
Seit Anfang 2015 podcaste ich mit meinem Freud Jan Dreher über Themen aus der Psychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie. Das nennen wir „PsychCast“ als Abkürzung für „Podcast über die Psyche“. Ein Podcast ist so in etwa eine im Internet abrufbare, selbst gekochte Radiosendung. Wir versuchen alle 2-3 Wochen einen Talk zwischen uns beiden oder manchmal mit Gästen aufzunehmen, den man am ehesten als Edutainment (=Education+Entertainment) bezeichnen kann. Das hat sich jedenfalls als unser Ziel herauskristallisiert und macht uns am meisten Spaß. Von vornherein war es unser Wunsch sowohl interessierte Laien, psychisch Kranke und auch Ärzte und Psychotherapeuten sowie anderes Fachpersonal wie z. B. Ergotherapeuten und Sozialarbeiter zu erreichen. Wir haben also keine feste Zielgruppe. Da wir natürlich Eigenheiten haben, die in einem freien Talk auch sichtbar (oder hörbar) werden und eine eigene Form der Beziehung pflegen, ergibt sich die Zielgruppe eher aus dem persönlichen Geschmack. Manchmal sind wir auch gar nicht sehr gut vorbereitet, sondern sprechen über Schlaf oder Mobbing oder Beziehungen mit dem Hintergrund und Wissen, das wir eben haben – als Ärzte und auch privat. Wie ein Telefonat unter Freunden, jedoch immer mit Interesse für das Psychische und die Gesundheit.
Aus einer digitalen wurde eine analoge Gruppe
Da wir inzwischen weit über eine halbe Million Downloads über alle Folgen erreicht haben und wir unheimlich viele nette Mails bekommen, dachten wir es wäre an der Zeit, unsere Hörer mal einzuladen und kennenzulernen. Versprochen hatten wir dies Ende 2017, sofern wir ein paar zahlende Abonnenten bei SteadyHQ bekommen würden, um laufende Kosten (wie Raummiete, Webspace, Mikrofone etc.) besser finanzieren zu können. Wir hatten schließlich am 30.11. abends in Berlin zur Aufzeichnung des PsychCast Nr. 76 eingeladen und schnell über 30 Anmeldungen bekommen. Als Thema hatten wir uns Salutogenese überlegt, ein Konzept zur Entstehung von Gesundheit. Wir wussten nicht, was passieren würde und waren auf alles gefasst. Klar waren uns unsere Hörer aus unzähligen positiven und freundlichen Mails, Kommentaren, iTunes-Bewertungen bekannt. Aber kann man „dem Internet“ glauben? Würde wirklich irgend jemand für den PsychCast bei Regen und Kälte aus dem Haus gehen?
Als ich Jan Ende 2015 zum ersten mal mit seinem an der Stimme hängenden Body gesehen habe, war das schon komisch (und cool). Aber als unsere Hörer zur ersten gemeinsamen Aufzeichnung hereinspazierten und uns wie alte Freunde begrüßten war das wirklich bewegend. Alles, woran ich die letzten 4 Jahre beim podcasten geglaubt hatte, wurde plötzlich Wirklichkeit: Menschen, die zusammenkommen, um sich über das Seelenleben und psychische Gesundheit auszutauschen. Leute, die sich mit guten Absichten verbinden und Infos und Austausch wollen und sich für die innere Welt des Menschen interessieren. Ohne weitere Beschränkungen oder Voraussetzungen, um mitzumachen.
Das Internet war plötzlich nur noch ein Hilfsmittel, denn wir gehörten an diesem Abend gemeinsam in diesen Raum – und zwar offline.
Podcasting als manueller Algorithmus?
Dieser Moment, als echte Hörer unseres Podcasts hereinspazierten war noch ganz anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Die Bindung zu unseren Hörern war schon da, aber sie wurde erst an diesem Abend so richtig spürbar. Ich fand alle unsere Gäste sehr sympathisch und man hätte glauben können, dass das alles „Matches“ eines komplexen Algorithmus sein müssten. Aber vielleicht ging das beim Podcast so ähnlich, nur mit Handarbeit, manuell: tausende Hörer schalten mal ein, schalten mal ab, hören mal weiter, aber nicht zu weit. Wer wirklich weiter hört und dem das gefällt kommt dann vielleicht zum Hörertreffen. Und ich finde unsere Hörerinnen und Hörer passen so richtig gut zu uns und ich bin dankbar, sie kennengelernt zu haben.
Hier geht es zur Aufzeichnung der Sendung des Hörertreffens.