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Ein erzählendes Fachbuch: „Der Ahnen-Faktor“ von Peter Teuschel

Im Buch „Der Ahnen-Faktor: das emotionale Familienerbe als Auftrag und Chance“ von Dr. Peter Teuschel sehe ich eine ganz neue Gattung von Fachbüchern. Ich würde es, als so etwas wie ein erzählendes Fachbuch bezeichnen – wir kennen eine ähnliche Einordnung im Sachbuch-Bereich. Es wird Fachwissen vermittelt, aber nicht auf dem klassischem Wege des schriftlichen „Referierens“. Vielmehr wird der Leser von Teuschel, der in München als Psychiater und Psychotherapeut niedergelassenen ist, mitgenommen auf die eigene Recherche nach dem ominösen „Ahnen-Faktor“ unserer Kultur und Zeit. Der Autor glaubt, das beschreibt er, dass die Kraft und das Potential des Ahnen-Faktors heutzutage zu gering eingeschätzt würden – in unserem alltäglichen Bewusstsein und erst recht im Bereich psychotherapeutischer Behandlungen.

Das Leben unserer Ahnen hat einen großen Einfluss auf unser eigenes Leben. Das wissen wir heute, trotzdem ist bis zum heutigen Tag die Beschäftigung mit unseren Vorfahren eher stiefmütterlich.

– Peter Teuschel –

Das besondere und ansprechende auf der Reise des Autors ist, dass er keine Scheuklappen auf hat, sondern ganz unvoreingenommen schaut, wohin die Bewusstheit und Verbindung zu unseren Vorfahren abgedrängt sein könnte. Anstatt es gleich abzutun beschreibt er, was er findet im Bereich der Mystik und Esoterik: er sieht sich um in den Sphären des Tarots, der Astrologie, des Schamanismus. Er schaut sich antike Kulturen und Naturvölker an und nimmt zwei unbekannte, aber hochspannende psychoanalytische Konzepte in Anspruch, nachdem er Klassiker wie Freud und Jung zu Rate gezogen hat. Einen wichtigen Bereich nimmt dann die gut verständliche Schilderung über biologische Mechanismen, wie die sich im Aufwind befindliche Epigenetik ein.

Schließlich gelingt es Peter Teuschel dann auch noch die Brücke zu schlagen zu diversen Fallbeispielen aus seiner Praxis sowie zu praktischen Hinweisen für klinisch tätige Psychotherapeuten, aber auch für jedermann, der sich seinen Ahnen nähern möchte und nicht in der Profession unterwegs ist. Es wird genau beschrieben, über welche Lebensbereiche sich der Ahnen-Faktor (gewinnbringend oder hemmend) in den Alltag einbringt: z. B. Familiengeheimnisse, Tabus, Erwartungen, Erfolg, Stolz, gutes Gelingen…

Insgesamt ein Fachbuch, das man lesen kann wie eine Erzählung, wie ein Abenteuer, und bei dem man zudem noch eine Menge mitnimmt: Ich habe schon während des Lesens bemerkt, wie die Neugier auf mögliche Ahnen-Aspekte meiner eigenen Patienten wuchs – und natürlich auf meine eigenen Vorfahren. Das Buch ist eine Anstiftung einmal weiter zu denken in Richtung Ahnen und demütig auf die kurze Zeit zu blicken, die wir nun tatsächlich physisch auf dieser Erde sind. Diese Tendenz in der Psychotherapie bleibt nicht unbegründet: Nachdem eine Menge über die transgenerationale Weitergabe von traumatischen Erfahrungen bekannt ist, machte jüngst die Epigenetik für die biologische Seite klar, dass sich durch unseren „Lebensstil“ und unsere Erfahrungen Gene verändern und dann erst weitergegeben werden.

Eine Art von Buch, das es öfter geben sollte.

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